Orkantief Emma am 1.März 2008



Hier eine Nachbetrachtung des Wettergeschehens rund um das Orkantief EMMA, welches am 1.März 2008 in Mitteleuropa für Aufsehen sorgte. Millionenschäden, 14 Tote und einige Verletzte ist die Bilanz des seit Kyrill (18. Januar 2007) stärksten großangelegten Sturms in Mitteleuropa.

Ausgangspunkt die Situation in den Frühstunden des Donnerstages, 29.Februar. Emma befindet sich noch nordwestlich Großbritanniens über dem Nordatlantik, während Deutschland von einem Wellentief überquert wird, das vor allem in der Mitte Deutschlands zu Regenfällen führte.




Angeregt durch Warmluftadvektion sowie dem Hebungsimpuls des in der obigen Karte sichtbaren flachen Kurzwellentrog, kann sich dieses Wellentief mittags noch weiter am Leben erhalten und zieht im Satbild eindrucksvoll zu sehen mit seiner typischen Struktur (Cloudhead) Richtung Osteuropa. Emma zu diesem Zeitpunkt nur noch knapp nördlich der Britischen Inseln:




Mitternacht: Emma nun achsensenkrecht und okkludierend über dem Seegebiet knapp westlich Norwegens. Der Warmsektor des Tiefs war zu diesem Zeitpunkt recht stark zusammengeschrumpft. Beim Sturm Kyrill vor über einem Jahr hatten wir es damals dagegen mit einem breiten Warmsektorfeld zu tun und einer südwestlichen bis westlichen Höhenströmung. Diesmal war die Strömung in der Höhe insgesamt mehr auf West gestellt und mit der zugehörigen Okklusionsfront konnte labil geschichtete Luft rasch Deutschland bis zu dem Alpen überqueren. Beim Sturm Kyrill hingegen war die Kaltfront im Süwesten Deutschlands "verhungert", wo sie der nicht genügend labiler Schichtung Tribut zollte.





Emma in 500 hPa gegen 0 UTC:





700 hPa:



850 hPa:



Zum Tagesanbruch weckten mich leicht klappernde Rolläden und ein paar Tropfen Regen, die mir auf dem Dachfenster erklangen. Zu diesem Zeitpunkt hatte Emma Südnorwegen erreicht und eindrucksvoll ist auf dem Satbild die Kaltfront des Systems über dem Nordwesten Deutschlands zu erkennen.




Blitzentladungen von 4:15 bis 5:13 UTC. An der okkludierten Front war durch die Labilisierung mit dem zugehörigen Höhentrog und dynamischen Hebungsprozessen eine Linienanordnung von Gewittern entstanden:





Dazu die Bodenanalyse von 6 UTC. Deutschland wird weitreichend von der zugehörigen Okklusion überquert.



Die Höhenwinde für den 1.03.2008, 6 UTC in 850 hPa (ca. 1500 Meter):



das selbe für 12 UTC



Den stärksten Höhenwind also in der Frühe mit 70 bis teils 85 Knoten in Mittel (850 hPa) im Süden Deutschlands präfrontal (vor der Ankunft der Okklusion). Dort, wo die frontalen Ereignisse stattfanden, dürfte man also von 50 bis 65 Knoten Mittelwind im 850 hPa-Level ausgehen.

6 UTC: ca. 32 hPa Druckunterschied von Südwest nach Nordost über Deutschland:




Die Okklusion mit den Liniengewittern verlagerte sich rasch weiter südostwärts über das Land. Blitzentladungen von 6:25 bis 6:45 UTC:



Wie ein länglicher "Schlauch" mit über einem Kuchen aufgesprühter Sahne wirkt der Anblick der über quer Deutschland liegenden Front im IR-Bild von 7 UTC:



Ein Radarbild zu dieser Zeit zeigt die frontale Struktur, wie sie schnell Frankfurt erreichen will. Rückseitig der Front eine Absinkzone (Subsidenz), weiter nördlich im Hamburger Raum und in MeckPomm im Trogbereich wieder einige Schauer. Süddeutschland wird von den Regenechos in der präfrontalen stabiler geschichteten Luft getroffen.



Nun trafen die 00z-Karten ein und ich nahm mir zwei GME-Karten für die Mittagszeit heraus. Für das 500 hPa-Niveau ist schön zu sehen, wie im Emma-Trogbereich Temperaturen unter -30 Grad hauptsächlich über Nord- und Ostdeutschland herangeweht werden. Erstaunlich ansich, wie weit westwärts dennoch die Gewitterlinie an der Okklusionsfront mit der ganzen Dynamik ausgreifen konnte.




In diesem Zusammenhang natürlich auch in 850 hPa starke Kaltluft-Advektion:



Gegen 8 UTC stand die Gewitterlinie kurz vor Stuttgart. Beeindruckend, wieviel Blitze dieses winterliche Sturmtiefszenario an der Front auslöste. Hier die Blitzkarte mit den Entladungen von 7:55 bis 8:23 UTC:




Wo es bei mir in Stuttgart zuvor noch einen wilden Wechsel von vielen Stratocumulusfeldern mit regenträchtigem Nimbostratus gegeben hatte, gab der Himmel gegen 9 Uhr früh den Blick auf den dunklen Vorderrand der Gewitterfront preis:



Gut zu sehen die "Ambossstruktur" durch die Untergrenzen-Absenkung der frontalen Bewölkung:



Danach ging es schnell. Innerhalb von 15 Minuten vollzog sich mit dem "Cold pool" ein Temperatursturz von 12 auf 2°C, immer wieder (geschätzt) Sturmböen (Bft.9), kurzzeitig evt auch schwere Sturmböen (Bft.10). Dazu leichtes Gewitter und ein Mix aus Schneeregen- und Graupelschauer. Die Szenerie wurde kurzzeitig winterlich:



Graupeldecke auf meinem Balkon:



Mittagszeit: Emma im okkludierten Stadium mit angelanger Front über den Alpen. Nordwestlich Großbritanniens ist schon das Folgetief Fee zu erkennen, welches am Sonntag, 2.03. das Wetter in Mitteleuropa beeinflusste:



Zum Ende noch drei Grafiken. Hier der Verlauf des Luftdruckes und der Lufttemperatur bei mir in Stuttgart-Sommerrain während Emma. Die Zeit des Frontdurchganges ist mit dem temporären Temperatursturz und dem klassischen Druckanstieg (Einbruch der Bodenfront) versehen:



Dies sind die Böenspitzen von 6 bis 12 UTC in km/h:




Böenspitzen 12 bis 18 UTC in km/h:





Emma war ein für Synoptik- und Wetterfans ein Bilderbuchereignis, brachte aber auch Millionenschäden, Tote und Verletzte hervor.

Nun wird es bestimmt von anderen Autoren noch einige Analysen geben, die dem Sturmereignis synoptisch aus anderen Blickwinkeln analysieren. Mein Rückblick zielt jedoch auf die wesentlichen Daten und Grundsynoptik dieses Ereignisses. Ich hoffe, ich konnte das Lesen kurzweilig gestalten. :-)


Quellen:

Satbilder von FU-Berlin

Radar und Datengrafiken aus DWD-pc_met und Ninjo

.
.
.
.
.

 


 

Marco Puckert, 3.03.2008