Kaltluftausbruch in den
USA und der Klimawandel - Folgen für Mitteleuropa?
Immer wieder wird die Frage aufgegriffen, inwieweit der vergangene sehr milde
und schneearme Winter in Deutschland mit dem Klimawandel zu erklären ist. Ist
die vom Menschen fast sicher verursachte, mit dem Anstieg des
Kohlendioxidgehalts der Atmosphäre einhergehende Erwärmung global um 1 K die
letzten 100 Jahre , verantwortlich für einen solchen Winter, wie wir ihn in
Deutschland vergangenes Jahr 2013/14 erlebten?
Schauen wir uns die aktuelle Situation auf der Wetterkarte mit den momentanen
Temperaturwerten an: Wie auf der Temperaturkarte zu sehen, hat der
Kaltluftausbruch über Nordamerika bis weit nach Süden ausgegriffen. Aktuell über
dem Norden der USA sowie Kanada (natürlich dort aktuell während ich dies
schreibe Nachtzeit) teils unter -20 Grad, Maxima unter -10 werden jedoch
erwartet (zentraler Norden USA, Canada).
Wie wir uns unschwer erinnern, war dieses Szenario im vergangenen Winter immer
wieder präsent mit den sich immer wieder regenerierenden Kaltluftausbrüchen über
dem Norden Amerikas. Ich habe - um das Ganze zu simplifizieren - einen blauen
Pfeil eingezeichnet, der den Weg der polaren Luftmasse südwärts bis zur USA
zeichnet. Dieser markante Polarluftausbruch, der natürlich über Nordamerika mit
der fehlenden mildernden Nordsee deutlich markanter ausfällt als er bei uns
ausfallen würde, erzeugt dann einen Gegenstrom an sehr milder bzw. warmer
Luftmassen bis weit nach Norden zum Nordatlantik , wo diese aus dem
Subtropenraum herkünftige Luftmasse auf maritime arktische Luftmassen vom
Nordmeer trifft. Dort bilden sich dann kräftige Tiefs, die dann immer wieder mit
der Höhenströmung ostwärts ziehen (siehe auf der Karte mit dem weißen Pfeil
dargestellt). Im vergangenen Winter haben sich so Zyklogenesen eingestellt, die
im Reifestadium der Tiefs Kerndrücke von teils 920 bis 930 hPa hervorgebracht
haben. Das ist eindrücklich gewesen und äußerst spannend. Wenn auch über Irland
und Schottland besonders schwere Orkane dadurch hervorgekommen sind.
Dieses ganze System mit relativ starken und immer wieder sich neu
regenerierenden Langen Wellen, die die Kälte in den USA und die heftigen
Tiefdruckentwicklungen über dem Nordatlantik entstehen ließen, war natürlich
insoweit für unser Wetter maßgeblich, weil wir in Mittel- und Westeuropa immer
wieder am Rande der besonders regen atlantischen Tiefdrucktätigkeit waren. Der
Wind wehte fast immer aus West oder Südwest, womit natürlich kein Winterwetter
möglich war. Mit dem Klimawandel kann man somit einen solchen Winter bei uns -
wie 2013/14 - mit herkömmlicher Synoptik nicht erklären. Überhaupt spielt der
Klimawandel global gesehen mit 1 K in den ganzen Klimaprozess mit hinein. Das
natürliche Spektrum jedoch, welches im Januar an
Temperaturen möglich ist, liegt zwischen +15 und -10 Grad im Flachland, das sind
also 25 K. Gegenüber diesen 25 K an Temperaturspektrum sind diese globalen 1 K
sogar als ziemlich niedrig zu betrachten, wenn es darum geht, inwieweit nun der
Klimawandel für die Verhältnisse des vergangenen Winters verantwortlich ist.
Wenn der Wind aus der falschen Richtung weht, kann es eben kein Winterwetter
geben.
Damit mich niemand missversteht: der Klimawandel ist fakt und darf mit all
seinen Folgen nach heutigem Kenntnisstand nicht negiert werden, auch wenn mit
der sogenannten Klimaerwärmungspause� in den vergangenen Jahren kein Anstieg der
globalen Temperatur erfolgt ist.
Die aktuelle Situation ist wieder die eines Kaltluftausbruches über Nordamerika
mit tiefem Luftdruck über dem Mittelatlantik. Interessant wird nun sein, wie
nachhaltig diese Entwicklung sein wird und wenn, dann wie der Einfluss auf den
Witterungsverlauf über Mitteleuropa sein wird. Vergangenen Winter 13/14 gab es
exakt eine Situation, in der mit einem skandinavischen Hoch Kontinentalluft in
den Nordosten Deutschlands strömte, dort erst Eisregen, später eine Woche
Winterwetter verursachte. Die Frage wird dann - im Falle einer recht beständigen
solchen Druckkonstellation mit starken Atlantiktiefs - sein, inwieweit es die
milde Vorderseitenströmung (grüner Pfeil auf der Karte) es nachhaltig bis
Mitteleuropa schafft. Winterfans müssen dann auf ein Skandinavien-Hoch hoffen,
welches mit seiner Ostströmung dann seine Fühler doch etwas weiter westwärts
ausgreifen kann, als vergangenen Winter.
Natürlich hätte ich in meinem Text noch mehr auf die potenzielle Block-Wirkung der russischen Kaltluft eingehen sollen, was ich aber bei Gelegenheit nachtragen kann (mir ging es erstmal um eine verständliche einfache Antwort zu den öfter in vor allem in den Boulevard-Medien verbreiteten Phrasen, dass alles mögliche dem Klimawandel direkt zugeschrieben wird). Auch die Rossby-Wellen-Verteilung über der Nordhemisphäre spielt natürlich eine Rolle. Daher wird hier noch etwas nachgetragen werden.
Marco Puckert, letzte Änderung: 22.11.2014