Einige Erläuterungen zum Begriff "Labilität"

 

Alle Vorgänge, die die Temperaturgegensätze zwischen den oberen und den niedrigen Schichten der Tropospähre vergrößern, sorgen für eine zunehmende Labilität der vertikalen Schichtung. Hierbei gibt es folgende Möglichkeiten:

- Labilisierung durch Bestrahlung des Erdbodens mit einhergehender Erwärmung bodennaher Schichten

- Labilisierung durch Kaltluftadvektion in hohen Luftschichten bzw. Warmluftadvektion in tiefen Schichten

- Labilisierung durch Hebung größerer Luftschichten bei zunehmendem zyklonalen Einfluss.

Oftmals kommt der letztgenannte Punkt beim Auftreten von Schwergewitterlagen zum Tragen. Auch die sogenannten "elevated thunderstorms", also Gewitter, die nicht durch den Strahlungseinfluss der Sonne entstehen, sind dem zuzuordnen. Diese Gewitter sind nur bedingt an den Tagesgang gebunden.

Was eine Labilisierung zusätzlich noch unterstützt, ist der Mechanismus der freiwerdenden Kondensationswärme in den unteren (feuchteren) Teilen des gehobenen Luftpakets nachdem es den Sättigungsgrad erreicht hat.

Der "KO-Index" ist hierbei ein gängiges Maß potenzieller Labilität, besser gesagt der KOnvektiven Instabilität. Der KO-Index ist die gemittelte Differenz der "äqivalentpotenziellen Temperaturen" zwischen 500/700 hpa und 850/1000 hPa. Die äquivatentpotenzielle Temperatur ist die Temperatur einer feuchten Luftmasse, die diese Luftmasse annehmen würde, wenn man ihre komplette Feuchtigkeit auskondensieren (entstehende Kondensationswärme) und trockenadiabatisch auf das Niveau 1000 hPa bringen würde.

Der KO-Index wird folgendermaßen berechnet:

KO = 1/2 x [(pot.Äqut. 500 hPa + potÄqut. 700 hPa) - (pot.Äqut. 850 hPa + potÄqut. 1000 hPa)]

Sicherlich rechnet man in der Praxis nicht per Hand den KO-Index aus. Das erledigen die Rechenmodelle, die dem Meteorologen dann entsprechende Karten generieren (siehe weiter unten).

Instabil bezeichnet man eine vertikale Schichtung der Atmosphäre bei negativen KO-Index werten bishin zu einem Wert von 1. Bei KO-Index-Werten über 1 ist die Schichtung dann indifferent oder stabil. Bei indifferenten Schichtungen sind Gewitterbildungen bei großräumiger Hebung noch möglich. Erfahrungsgemäß sind die häufigsten, auch stärksten Gewitter nicht unbedingt bei extrem niedrigen KO-Index-Werten zu erwarten, sondern oft auch dort, wo die Drängungszone der Linien gleichen KO-Indexes am stärksten ist. Dies ist beispielsweise bei sommerlichen Kaltfronten der Fall.

Obige Karte ist eine Beispielkarte (Quelle: www.wetter3.de) für eine KO-Index-Vorhersagekarte. Hier ist zusätzlich noch die Vertikalbewegung in hPa pro Stunde (500 hPa) mit eingezeichnet. Hier wird (als Erläuterung zu oben) die meiste Hebung an der stärksten Drängungszone der Linien gleichen KO-Index gerechnet. Ich habe mit roten Pfeilen eine entsprechende Drängungszone markiert.

In der Praxis verwendet man neben solchen KO-Index-Karten, die gern mit Vertikalbewegung dargestellt werden auch Radiosondendiagramme einzelner Messstationen um die Labilität zu prüfen. Neben der Betrachtung der Labilität achtet man dann auf die für starke Konvektion zur Verfügung stehenden Labilitätsenergie eines aufsteigenden Luftpakets. CAPE ist hierbei ein Maß für die maximale Bewegungsenergie, die einem Luftpaket bei einer Konvektion bis zum Verschwinden des Auftriebs (Top des Cb) zur Verfügung stehen würde.

Weitere Indizes für das Maß der Labilität sind:

-Die Totals-Totals (TT). Hierbei ist die Temperatur der 850 hPa-Schicht und der 500 hPa-Schicht mit einbezogen sowie der Taupunkt der 850 hPa-Fläche. Die Formel zur Berechnung der Totals-Totals:

TT= 2x (T850-T500) - (T850-Td850)

-Bei der Steinbeck-Methode müssen 3 Aussagen erfüllt sein. a) Der Unterschied zwischen 500 hPa und 850 hPa darf nicht kleiner als 25 Kelvin betragen. b) Spread in 850 und 700 hPa darf jeweils nicht größer als 7 Kelvin betragen. c) Der Taupunkt in 850 hPa darf nicht niedriger als -2°C sein.

-Der Lifted Index (LI). Es ist die Differenz zwischen einem aufsteigenden Luftpacket und der gemessenen Umgebungstemperatur in einer Höhe von 500 hPa. LI = T500 - T500(aufsteigendes Luftpaket)

Natürlich reicht Labilität allein nicht aus, um Gewitter auszulösen. Die weiter oben öfter angesprochene Hebung ist hierbei ebenso erforderlich. Hebung kann beispielsweise orografisch erfolgen, wenn Luftmassen in eine bestimmte Richtung stoßen und an Gebirgen gezwungen werden aufzusteigen. Dann kommt es bei entsprechender potenziellen Labilität zu den orografischen Gewittern. Hebung erfolgt auch bei zunehmendem zyklonalem Einfluss. Hierbei werden Luftmassen großräumig gehoben und bei vorhandener Labilität können Gewitter ausgelöst werden. Gelegentlich gibt es in der warmen Jahreszeit auch die sogenannten "Warmlufteinschubgewitter". Hierbei wird die Luftsäule durch Einschub wärmerer Luft in unteren Luftschichten "gestreckt", also die Schichtung labiler. Bei zusätzlicher Hebung kann es dann ohne Sonnenbestrahlung zur Cb-Bildung kommen. Gewitter können auch durch "freies Aufsteigen von Warmluft entstehen, wenn die Sonne den Erdboden erhitzt, die Atmosphäre von unten somit labilisiert wird und Luftblasen solange in große Höhen aufsteigen, solange sie ihre Umgebungsluft kälter ist als die Luftblase selbst. Das sind dann die Einzelzellenbildungen im Sommer (Wärmegewitter). Eine weitere Variante ist die Gewitterbildung durch Hebung an Trögen, wenn Kaltluftadvektion in größeren Höhen für potenziell labile Schichtung sorgt.

Marco Puckert, 2.06.2004