Das Leiterwägele

Von Weiler in den Bergen aus sind wir mit dem Leiterwägele an der Hand zu viert bei gleißendem Sonnenschein losgezogen zum württembergischen "Himmelreich". Dieses Gebiet liegt etwas östlich von Schwäbisch Gmünd am Fuße der Schwäbischen Alb. Es war ein Tag der frühen Maienzeit des Jahres 2002. Meine Müdigkeit an diesem Tag resultierte aus einem Frühdienst, den ich bereits hinter mir hatte. Der Blick in den Himmel offenbarte während des zweistündigen Fußmarsches einige Castellani und später kleine Quellies, die doch wirklich friedlich waren. Mit dem Leiterwägele zogen wir abwechselnd unser Proviant die Steigungen hoch. Ich wusste von dem westeuropäischen Tiefdruckgebiet, das uns die doch recht schwülwarme Luftmasse ins Land beförderte. Die Castellani waren ja bereits vormittags zu sehen, so dass ich einerseits doch guter Hoffnung war, einige Gewitterwolken zu sehen, andererseits sollte ja unser Maiengang nicht verregnet werden.

Am frühen Nachmittag dann das zelebrierte Grillen, das bei Gelegenheiten dieser Art eigentlich nie ausbleibt und der erfrischende Schluck vom kühlen Bier. Vergessen war die Müdigkeit durch das frühe Aufstehen, wie auch Sequenzen der zurückliegenden Winterzeit. Mit dem Erscheinen des ersten Cb´s kamen mir Gedanken aus der Wetterbesprechung des Vormittags wieder in den Sinn. Wie so oft bilden sich erste einzelne Gewitterwolken meist südlich des Gebietes, an dem ich mich zu diesem Moment befand (Richtung Geislinger Alb bzw. den naheliegenden Hochgebieten der Schwäbischen Alb). Einige von uns schlossen sich dann einer Gruppe von Jugendlichen an und spielten eine Parte Fußball. Jedoch mussten sie Acht geben, dass der Ball nicht zu weit weggeschossen wurde, sonst wäre er ins Tal hinabgerollt. Tatsächlich ist selbiges dann gar etwas später passiert. Ich selbst hatte mich zu dieser Zeit mit zwei anderen Leuten über alles mögliche unterhalten und mich derweil aufgrund der schwülwarmen Luft immerwieder aus dem Leiterwägele mit Getränken erfrischt. Die gebildeten Cumulonimben Richtung Geislinger Alb fielen dann jedoch wieder in sich zusammen, stattdessen schienen sich an einer Sperrschicht eher Stratocumulusfelder auszudehnen, was mich etwas überraschte.

Im Laufe des Nachmittags und Spätnachmittags war der Himmel dann zur Hälfte von Cumuli und Stratocumulusfelder bedeckt, zur anderen Hälfte sah man blauen Himmel. Der Rückweg ins Tal hinab lud dazu ein, mit dem Leiterwägele einige hundert Meter hinabzurollen und auf die nachkommenden Leute dann zu warten, zumal große Teile des Proviantes verbraucht waren. Nichts zu sehen von den von mir erhofften Gewitterereignissen bis zu diesem Zeitpunkt, dafür viel Wärme und Feuchtigkeit. Abends in Bargau (zwischen Heubach und Schwäbisch Gmünd) angekommen, wollten wir den Tag ausklingen lassen. Da gab es nämlich ein öffentliches Fest, bei dem man sich gerne dazusetzen konnte. Die mehr als 100 Leute unterhielten sich teils weinselig, dabei bekommt man ja wie immer ungewollt Gesprächsfetzen unterschiedlichster Art mit. Dort rührselig, da lachend, wo anders kontrovers. Ich selbst schaute dann nach unserem Leiterwägele, dass wir in der Nähe abgestellt hatten, als ich einen fahlen Blitz am Osthimmel vernahm. EIn "Aaah", jetzt gehts los !" schlenderte unbekümmert durch meine Gedanken. Mein erstes Wetterleuchten in diesem Frühjahr 2002. Zuvor schon, als wir in Bargau angekommen waren, sah ich eine neugebildete Gewitterwolke Richtung Hohenlohe, also nördlich von meinem Standort. Anscheinend waren mit der untergegangenen Sonne die Konvektionsvorgänge nicht beendet, wie ich es mir nach der morgendlichen Wetterbesprechung der Kollegen auch erhofft hatte.

Etwas später hatten wir uns zu dritt ins Freie gesetzt, da wars ruhiger und die Luft besser. Sterne waren da keine mehr zu sehen, stattdessen regelmäßiges Blitzezucken Richtung Alb. Es hatte sich dann wohl über der Ostalb ein Gewittergebiet mit mehreren Herden gebildet. Oh und da fielen mir doch einige unbekannte Herrschaften ins Gehör, wo sind die nur aufgetaucht ? Den Themen und den teils kräftichen Debatten nach waren es wohl Berufskollejen. Der Vorschlag, nun weiterzulaufen, fand somit auch bei mir guten Anklang. Das Leiterwägele nahm ich in die Hand und wir liefen nach Hause Richtung Schwäbisch Gmünd. Leichter Regen setzte ein, jedoch tat dies diesem doch wirklich feinen Tag keinen Abbruch.

Kurz vor Mitternacht machte sich bei mir, angekommen in Schwäbisch Gmünd-Bettringen, die Müdigkeit dann doch wieder bemerkbar. Es regnete inzwischen stärker, Donnergrollen mischte sich sanft zwischen die Geräusche des Regens. Das Leiterwägele war auf diesem Rückweg längst nicht mehr so schwer wie noch am Vormittag. Den für diesen Tag finalen Weg nach Waldstetten, wo meine Oma und mein Opa wohnen, unternahm ich alleine. Der Regen hörte plötzlich auf und ich konnte auf meinem Gang von Bettringen nach Waldstetten ein elektrisches Feuerwerk mitansehen, das meine besondere Faszination der Jahreszeiten Frühling und Sommer einmal mehr bekräftigte. Donner war zu diesem Zeitpunkt nur selten zu hören, da die Blitze doch zu weit entfernt waren. Das macht große Vorfreude auf Wetterereignisse, die der kommende Sommer bietet, vielleicht auch wieder bei Ausflügen mit dem Leiterwägele. :-)

Marco Puckert, 31.03.2003